Was macht eine Schrift gut lesbar?

Die Auswahl einer passenden Schrift ist zentraler Aspekt eines Brandings. Egal ob man an eine bestehende Schriftauswahl gebunden ist oder eine ganz neue Schrift auswählt. Schriften drücken die Visual Identity einer Organisation auch an Touchpoints aus, an denen Farben und Bilder nicht funktionieren.

Auf neuen Geräten, neuen Plattformen oder wenn neue Formen der Content-Erstellung benötigt werden, spielen Schriften eine große Rolle und tragen zu einer kongruenten Kommunikation der Unternehmens­persönlichkeit bei. Wenn Schriften konsistent eingesetzt werden, haben sie einen großen Wiedererkennungswert und ermöglichen dennoch eine flexible Designsprache.

Buchstaben für den Buchdruck

Kriterien zur Schriftauswahl

  • Gute Lesbarkeit, unterstützt Barrierefreiheit, eindeutige und klar erfassbare Buchstabenformen; gute Lesbarkeit on- und offline.
  • Passend zur Marke; zum Charakter des Unternehmens passend.
  • Eigenständig in der Erscheinung.
  • Gut genug ausgebaut für alle Einsatzzwecke.
  • Für Print und Online geeignet.
  • Im Budget für Web- und Office-Anwendungen.

Leser gewöhnen sich an Schriften und finden diese dann am besten lesbar. Das heißt allerdings nicht, dass die meist verwendeten Schriften wie Helvetica, Arial, Times, Verdana auch die am besten lesbaren Schriften sind. Die Gewohnheit ist ein Punkt, den man beachten muss, dieser sollte aber im Hinblick auf die Marke nicht das alleinige Kriterium sein.

Kriterien für Lesbarkeit und Barrierefreiheit

Für die barrierefreihe oder barrierearme Schriften gelten grundsätzlich die selben Anforderungen, die an eine gut lesbare Schrift gestellt werden. Gute Lesbarkeit sorgt also automatisch für Barrierearmut. Im Folgenden werden einige dieser Kriterien genauer beleuchtet.

Buchstabenproportionen

Darstellung unterschiedlicher Buchstaben-Breiten bei einer Auswahl von serifenlosen Schriften

Die relative Weite der Buchstaben sollte nicht zu eng und nicht zu weit sein. Für eine optimale Lesbarkeit im Schnitt regular sollte die Breite der Innenfläche (n) 40 % – 60 % der x-Höhe (x) betragen.

Variationen der Buchstabenbreite

Variation in der Breite der einzelnen Buchstaben
Buchtsaben-Breite: Unterschiedliche Schriften „laufen“ unterschiedlich breit.

Schriften wie die Futura haben große Unterschiede in der Weite der einzelnen Buchstabenformen. Dadurch wird die Lesbarkeit der schmaleren Buchstaben eingeschränkt. Schriftarten wie die Adobe Garamond haben geringere Unterschiede in der Breite der einzelnen Buchstabenformen, was die Lesbarkeit unterstützt.

Kontrast der Strichstärken

Grafik zeigt die Unterschiede in der Strichstärke bei diversen Schriftarten

Der Kontrast einer Buchstabenform ergibt sich durch das Verhältnis von dickeren und dünneren Linien innerhalb des Buchstaben. Der Kontrast sollte nicht zu groß sein. Das Verhältnis zwischen dickster und dünnster Linienstärke sollte zwischen 3:1 und 1,5:1 liegen.

Strichstärke

Grafik zur Veranschaulichung der relativen Dicke von Buchstaben

Für eine gute Lesbarkeit sollte das Verhältnis der relativen Dicke des Strichs zur Höhe der Versalie weniger als 1:10 betragen. Je kleiner die Schriftgröße, desto größer sollte das Verhältnis sein.

Binnenformen

Abbildung: unterschiedlich stark ausgeprägte Binnenformen bei unterschiedlichen Schriften

Das Verhältnis zwischen Strichstärke und Weißraum sollte ausgewogen sein. Die Kombination einer fetten Strichstärke mit wenig Binnen-Weißraum erschwert die Lesbarkeit. Eine große Binnenform in Kombination mit einer dünnen Linienstärke erschwert ebenso die Lesbarkeit.

Öffnung der Buchstabenformen

Art der Punzen bei verschiedenen Schriftarten

Der Weißraum (Punzen), der sich bei offenen Buchstabenformen wie z. B. „n, C, S“ oder dem unteren Teil des „e“ ergibt, sollte nicht zu klein sein, damit die Binnenform nicht geschlossen erscheint. Gerade für Leser mit Sehschwächen erschwert das die Lesbarkeit. Umgekehrt verstärken größere offene Weißräume die Individualität der Buchstabenform und verbessern so die Lesbarkeit.

Mittellänge

Die x-Höhe im Verhältnis zu den Versalien

Der Unterschied der Höhe von Versalien und Minuskeln wirkt sich stark auf die Lesbarkeit aus. Schriften mit großen x-Höhen wirken normalerweise größer als Schriften mit kleineren x-Höhen. Gerade bei kleineren Schriftgrößen hat das große Auswirkungen auf die Lesbarkeit. Die x-Höhe (Höhe des Kleinbuchstabens x) sollte zwischen 67 % und 75 % der Versalhöhe betragen. Einige Leser mit Dyslexie finden dagegen Schriftarten mit größeren Ober- und Unterlängen besser lesbar.

Grafik: Die Höhe der Minuskeln im Vergleich zur Höhe der entsprechenden Majuskeln

Auch Oberlängen der Minuskeln, welche die Versalhöhe überschreiten, erhöhen die Erkennbarkeit der einzelnen Buchstabenformen und somit die Lesbarkeit der Schrift.

Ähnliche Buchstabenformen

Buchtsabenformen: Unterschiedliche Schriften weisen unterschiedliche Charakteristika auf.

Schriften, die sehr ähnliche Buchstabenformen für verschiedene Buchstaben aufweisen sind schlechter lesbar. So können „l ,L,1,i“ leicht verwechselt werden, wenn sie keine individuelle Ausformung haben, z. B. durch Verwendung von Serifen.

Spiegelungen

Buchtsabenformen: Der Effekt des gespiegelten Buchstabens

Schriften, die gespiegelte Buchstabenformen „db“ oder „pq“ verwenden sind schlechter lesbar, besonders für Leser mit Dyslexie.

Schlecht unterscheidbare Buchstabenformen

Buchtsabenformen: Unterschiedliche Schriften werden unterschiedlich gut erfasst.

Schriftarten mit sehr ähnlichen Buchstabenformen z. B. sehr geometrisch konstruierte Schriften wie ITC Avant Garde Gothic „a, o, g“ erschweren die Lesbarkeit. Die Grundform erscheint hier auf den ersten Blick bei allen drei Buchstaben als Kreis. Individuellere Buchstabenformen wie z. B. die der Fiera sind dagegen besser unterscheidbar und somit besser lesbar.

Ausprägung der sogenannten „Schweife“ bei unterschiedlichen Schriften

Ebenso erhöht ein ausgeprägter „Schweif“ an den Abstrichen die klare Erkennbarkeit.

Verbesserung der Lesbarkeit durch optimale Schriftwahl und fachgerechte Typografie

Schriften sollten gezielt eingesetzt werden. So können, mit gut lesbaren Schriften, die Nutzer/Leser Inhalte besser und schneller erfassen. Darüberhinaus unterstützt eine gute Typografie die Barrierefreiheit bzw. -armut.

Folgende Kriterien spielen dabei eine Rolle:

  • Auswahl der Schriftart
  • Schriftgröße
  • Laufweite
  • Zeilenabstand
  • Zeilenlänge
  • Ausrichtung
  • Formatierung

Schriftgröße

Jede Schrift ist einzigartig. Unterschiedliche Schriftarten in der genau gleichen Punktgröße sind unterschiedlich groß. Auch die Größe der Versalien kann sich erheblich unterscheiden. Auch Leseabstand, Umgebungslicht und ob gedruckt oder auf dem Bildschirm gelesen wird hat einen großen Einfluss.

Für Texte, die auf einem Bildschirm gelesen werden, sollte der Nutzer die Schriftgröße selber einstellen können. Bei gedruckten Texten kann die Schriftgröße nicht angepasst werden. Die Schriftgröße sollte für Ältere und Menschen mit Sehschwäche entsprechend gewählt werden.

Laufweite

Auch wenn eine geringere Laufweite vielen ästhetischer erscheint, erschwert dies die Lesbarkeit, da die individuellen Buchstabenformen dann schlechter zu unterscheiden sind.

Eine etwas größere Laufweite kann einen großen Unterschied machen, sollte aber sehr vorsichtig eingesetzt werden.

Die Laufweite sollte erhöht werden:

  • wenn die Schriftart eine vergleichsweise geringe Laufweite aufweist,
  • wenn die Schrift in Versalien/Kapitalen gesetzt wird,
  • wenn die Schrift bold oder heavy eingesetzt wird,
  • wenn heller Text auf dunklem Hintergrund steht.

Durchschuss

Die meisten Programme setzen den Durchschuss standardmäßig auf 120 % der Schriftgröße (z. B. eine Schrift in 10 Punkt hat dann einen Durchschuss von 12 Punkt.). Das ist im Sinne der Barrierefreiheit meist zu wenig.

Für Sehbeeinträchtigte Personen sollte der Durchschuss zwischen 125 % und 150 % der Schriftgröße liegen. Dies ist immer abhängig von der Gestaltung der Schrift und den Proportionen zu beurteilen.

Abstände

Die Abstände zwischen Absätzen oder Spalten sollten ebenso etwas größer gewählt werden.

Einzüge

Diese sollten vermieden werden. Der Spaltenabstand sollte merklich größer sein als der Abstand zwischen den Absätzen. Wenn möglich sollten mehrere Spalten vermieden werden.

Zeilenlänge

Kurze Zeilenlängen erfordern ein häufiges Springen zum Anfang der nächsten Zeile. Längere Zeilenlängen erschweren es den Anfang der nächsten Zeile zu finden. Auch für Menschen mit Bewegungseinschränkungen im Nacken/Hals sind längere Zeilen unkomfortabel. Die Zeilenlänge sllte zwischen 45 und 90 Zeichen inklusive Leerzeichen liegen.

Ausrichtung

Linksbündiger Satz ist die beste Wahl für Schriften, die von links nach rechts gelesen werden. Der gerade linke Rand ergibt beim Zeilensprung eine gleichbleibende Startposition für das Auge.

Blocksatz

Blocksatz vermeidet die Ablenkung durch unterschiedliche Zeilenlängen und den ausgefransten Rand auf der rechten Seite des Absatzes.

Oft kann Blocksatz allerdings nur erreicht werden, indem Zeichen- und Wortabstände entsprechend vergrößert oder verkleinert werden. So können unschöne „Löcher“ zwischen Worten und vertikale Weißräume über mehrere Zeilen entstehen, die das Lesen sehr erschweren. Blocksatz sollte nur dann eingesetzt werden, wenn die technischen Voraussetzungen und das nötige Wissen vorhanden ist und diese Probleme vermieden werden.

Kapitale

Satz in Versalien/Kapitälchen sollte nur sehr selten zum Einsatz kommen, da der Text so schwerer zu lesen ist.

Formate

Schriftformate wie bold, italic oder underline sollten ebenfalls nur sehr restriktiv eingesetzt werden.

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